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Vor 25 Jahren: 12 Tote bei Gasexplosion in Bremer Neustadt

Einsatz nach der Gasexplosion im Geschwornenweg. Foto: Iden/Feuerwehr

Am 20. November 2000 ereignete sich im Geschwornenweg in der Bremer Neustadt eine verheerende Gasexplosion. Ein mehrgeschossenes Wohngebäude stürzte ein. Die Explosion forderte zwölf Menschenleben. Elf starben noch am Einsatzort, eine weitere Frau später im Krankenhaus. Ursache waren vor dem Gebäude stattgefundene Tiefbauarbeiten, bei denen es zur Beschädigung eines Gasrohres kam.

Es war ein Montagvormittag. Um 11:07 Uhr erschütterte ein lauter, kilometerweit hörbarer Knall die Hansestadt. Sekunden später gingen erste Notrufe in der Feuerwehr- und Rettungsleitstelle ein. Am Einsatzort bot sich eine dramatische Lage: Staub und Rauch lagen in der Luft, das betroffene Gebäude war ein großer Trümmerberg, in der Umgebung waren Schäden an zahlreichen Gebäuden zu erkennen.

"Das waren Szenen, die absolut surreal wirkten", erinnert sich Oliver Iden. Der heutige Direktionsdienst-Beamte, seit 1994 im Dienst bei der Berufsfeuerwehr Bremen, war damals als Wachabteilungsleiter und im Referat Aus- und Fortbildung tätig. Er traf bereits in der Anfangsphase am Einsatzort ein, erlebte den Einsatz unter anderem in der Funktion eines Einheitsführers und eines Organisatorischen Leiters Rettungsdienst. Die Funktion des OrgL war zu der Zeit in der Stadtgemeinde Bremen gerade seit etwa einem Jahr eingerichtet. "Es war eine hoch komplexe Situation: die Motivation und der unbedingte Wille, noch Menschenleben zu retten, die große Gefahr für die Einsatzkräfte selbst, das Lokalisieren von verschütteten Personen, die sehr beengten Ortsbedingungen und die gegen die Überlebenschance noch verschütteter Personen laufende Zeit." Bei dem eingestürzten Gebäude handelte es sich um ein Wohnheim der Heilsarmee, in dem auch Senioren und bewegungseingeschränkte Personen lebten.

Gebäude eingestürzte, kaum Platz für die Retter:innen

Die sogenannte Raumordnung stellte die Kräfte vor außergewöhnliche Herausforderungen: Der Geschwornenweg und die rückseitige Sedanstraße waren ohnehin sehr eng, zusätzlich befand sich direkt vor dem eingestürzten Gebäude eine ausgedehnte Tiefbaubaustelle, wodurch die Aufstellung von Einsatzfahrzeugen – insbesondere von Hubrettungsfahrzeugen und schweren Bergefahrzeugen – vor und der Zugang zum Gebäude erheblich erschwerte erschwert wurde. Trotzdem konnten die Einsatzkräfte noch mehrere Personen über zwei Drehleitern und tragbare Leitern aus dem stehengebliebenen, jedoch einsturzgefährdeten Gebäudeteil retten. Aus den Trümmern des eingestürzten Gebäudeteils konnten unter Inkaufnahme hoher Eigengefährdung drei verschüttete Personen gerettet werden, von denen eine im Krankenhaus später jedoch leider doch noch verstarb.

"Bei den Einsatzmaßnahmen sind wir dann auch auf die noch vermissten Personen gestoßen, bei denen aufgrund der Auffinde- und Verletzungssituation aber unmittelbar erkennbar war, dass diese keine Überlebenschance hatten“, beschreibt Iden. Die Arbeiten in und auf den instabilen Trümmern waren extrem gefährlich, da jederzeit weitere Einstürze drohten. Erschwerend kam noch hinzu, dass die Außentemperaturen zu der Jahreszeit, in den Nächten bereits schon um den Gefrierpunkt lagen.

Im Einsatz mit vereinten Kräften

In den ersten Minuten nach dem Unglück wurden Sammelstellen für Verletzte und betroffene weitere Anwohner:innen in benachbarten Geschäften, unter anderem am Buntentorsteinweg, eingerichtet, um erste Hilfe und Orientierung zu ermöglichen. Berufsfeuerwehr, Freiwillige Feuerwehr und stadtbremischer Rettungsdienst waren gemeinsam im Einsatz, unterstützt insbesondere vom Technischen Hilfswerk, verschiedener Rettungshundestaffeln und den bremischen Hilfsorganisationen des Katastrophenschutz-Sanitätsdienstes. Der ohne Unterbrechung laufende Einsatz dauerte schließlich mehrere Tage und verlangte allen Beteiligten unter diesen außergewöhnlichen Umständen höchstes Engagement und Belastbarkeit ab.

So tragisch der Einsatz für die Stadtgemeinde und die Betroffenen auch war, so konnten in der Auswertung doch wertvolle Erkenntnisse für die Vorbereitung auf Einsturz- und Tiefbauunfälle sowie für die Weiterentwicklung der Einsatzorganisation für Massenanfälle von Verletzten gewonnen und Impulse gesetzt werden. Unter anderem wurden im Nachgang zum Einsatz der Abrollbehälter Bau/Technik und ein Einsatzleitwagen 2 beschafft. Gleichzeitig wurde der Gerätebestand für einen Massenanfall von Verletzten erheblich aufgestockt, die Gliederung der Katastrophenschutz-Hilfsorganisationen in Schnelleinsatzgruppen weiter vorangetrieben und das System "Leitende Notärzt:innen" ausgebaut.